30.10.2020

„Es gibt keine richtiges Leben im falschen“, sagt Adorno. Ich habe immer mit dieser Diagnose sympathisiert, aber sie hilft nicht weiter. Im Grunde führt sie zur fatalen Überzeugung, dass in diesem Leben, in dieser Kultur und ihrer Industrie nichts mehr Sinn macht. Wenn ich einmal die Diagnose übernommen habe, dass unser kapitalistisches System kaputt und marode ist, dann kann mein Leben darin nicht mehr gut bzw. richtig sein. Dann bin ich hochallergisch und habe unzählige Unverträglichkeiten, weil kein Teil meines Lebens mehr selbstverständlich ist. Jede Handlung, jeder Kontakt mit dem „System“ löst eine allergische Reaktion aus. Alles ist infiziert vom Gewinnstreben und der Gier einzelner Peronen und Corporationen, so dass ich als Teilnehmer und Mitglied dieser Gesellschaft immer schon infiziert bin. Dann macht auch Kritik und Reflexion keinen Sinn mehr, weil sie immer schon systemimmanent ist und später vom System selbst absorbiert wird.